Liebhaber von fantasievoll gemachten Special Effects haben es heutzutage nicht leicht, zwischen den ganzen aufgepumpten 08/15-Blockbustern etwas zu finden, was tatsächlich imaginativ ist – und Tricktechnik für das nutzt, wofür sie doch eigentlich da sein sollte: Den Zuschauer in fantastische Welten zu entführen.
Michel Gondry ist dafür bekannt, dass er Bilder schafft, die hängen bleiben. Angefangen hat er mit Musik-Videos, von denen nicht wenige Kultstatus erreicht haben, wie etwa „Human Behaviour“ von Björk oder das Legovideo „Fell In Love With A Girl“ von den White Stripes.
Sein Spielfilm „Science of Sleep“ (2006) beeindruckte durch die vielen visuellen Spielereien, die darüber hinwegsehen ließen, dass die Handlung praktisch vernachlässigbar war. Auch bei seiner Komödie „Abgedreht“ (Be Kind Rewind) (2008), in der Jack Black und Mos Def die gelöschten Videofilme in ihrer Videothek selbst nachdrehten, staunte man vor allem über die Techniken, wie sie das taten und gähnte sich durch die Szenen dazwischen. Sehenswert sind beide Filme zwar allemal, aber man wünschte sich beim Anschauen, dass Gondry, wie schon bei „Eternal Sunshine of the Spotless Mind“ (2004) mit Autoren wie Charlie Kaufman zusammengearbeitet hätte, die an inhaltlicher Imagination das hätten bieten können, was Gondry an visueller mit einbrachte.
Nachdem er 2011 bei dem Actionblockbuster „The Green Hornet“ Regie führte, der Neuauflage einer 60er-Serie, durch die Bruce Lee zum ersten Mal einem größeren Publikum bekannt wurde, ist sein neuester Film wieder 100% Gondry.
„Der Schaum der Tage“ ist die Verfilmung eines Romans des französischen Kultautors Boris Vian, was der Handlung eine gewisse Struktur gibt – auch wenn die erste halbe Stunde das Tempo eines Videoclips vorlegt und man sich fragt, wie lange man das durchhalten kann, ohne innerlich abzuschalten. Keine Angst, es entwickelt sich dann doch eine Story. Erzählt wird eine Liebesgeschichte, die tragisch endet. Gondry findet sowohl für das Himmelhoch-Jauchzen der frischen Liebe wie für die spätere traurige Wendung die richtige Ästhetik.
Der Stop-Motion-Stil und die für Gondry so typischen kleinen Ideen, wie ein Klavier, mit dem man einen Cocktail mixen kann, sind meilenweit von computer-generierten Standard-Effekten entfernt. Auch die Chemie zwischen den Hauptdarstellern Audrey Tatou und Romain Duris stimmt, so dass man in die Geschichte eintauchen kann, ohne ihr einfach nur beeindruckt zuzusehen.
Der Film ist inhaltlich wie visuell voller absurder Metaphern, aber eben auch voll Herzenswärme. Großartig.
„Der Schaum der Tage“, (Originaltitel: „L’écume des jours“), R. Michel Gondry, D. Audrey Tautou, Romain Duris, Omar Sy, Gad Elmaleh u.a. Verleih: STUDIOCANAL.