Terra Incognita

Das waren noch Zeiten, als sich die ganze Familie vor dem Radio versammelte, um jede Woche zur gleichen Zeit gebannt der neusten Folge eines spannenden Durbridge-Krimis zu lauschen. Spannend deshalb, weil niemals irgendjemand etwas einfach geradeheraus mitteilen konnte, kommuniziert wurde in mysteriösen Andeutungen, oft am Telefon mit dem Hinweis, dass man am Telefon nichts sagen könne. Dafür verschwand alle zwei Minuten jemand, dazwischen gab es allerhand Mordanschläge. Spätestens nach der dritten Folge blickte keiner mehr durch, wer wer ist, aber das war auch egal.

In diese Zeit fällt auch das Hörspiel Terra incognita, wie unschwer an dem typischen Big-Band-Soundtrack und den damals sehr beliebten Dialogen mit spannungssteigernden, aber sinnlosen Nachfragen zu erkennen ist („Wir müssen unbedingt nach London.“ – Nach London? – Ja, nach London!“).

Das sechstündige Hörspiel hat dann allerdings eine doch ganz interessante Handlung. In England verschwinden zwei Anthropologen spurlos. Der einzige Hinweis ist ein kreisrundes, rauchendes Loch im Garten der Betroffenen. Dr. Gauge (Horst Tappert) wird mit der Untersuchung des Falls beauftragt und findet heraus, dass die Entführungen wohl mit dem Fund eines prähistorischen Schädels zu tun haben müssen, der so gar nicht in die menschliche Evolution passen will.

Wer jetzt denkt „Oha, die werden doch bestimmt von Ufos entführt“, dem sei gesagt, dass es doch origineller ist als das.

Für Fans der guten alten Radio-Zeit (die Produktion stammt von 1962) ist das Hörspiel von Philip Levine in jedem Fall eine lohnende Entdeckung. Dem Rest, der wahrscheinlich sagen wird „Also zwei Stunden statt sechs hätten auch gereicht“ sei gesagt, dass man sich in den 60ern die Auflösung als Hörer noch verdienen musste. Wer nicht mitfiebert, macht was falsch.

„Terra Incognita“, Autor: Philipp Levene, Eine Produktion des BR © 1962, Erhältlich bei Pidax.

Von |2018-11-30T18:57:02+01:0020. März 2013|Hörspiel|