Das Rätsel von Piskov

In einer tschechischen Kleinstadt kommt es zu einem seltsamen Vorfall, alle Uhren der Stadt bleiben für einige Stunden stehen und beginnen danach wieder alle gleichzeitig zu ticken. Bei einem Vergleich mit der Außenwelt stellt sich heraus, dass keine der Uhren falsch geht. Die Stadt scheint einfach für einige Stunden aus der Zeit herausgefallen zu sein.

Ein Fernsehteam (Hellmut Lange und Hannelore Elsner) wird entsandt, um mehr über die mysteriösen Geschehnisse zu erfahren. Die befragten Stadtbewohner haben zwar keine Erklärung für das Phänomen, können die Reporter aber auf die Spur eines Historikers (Wolfgang Büttner) bringen, der offenbar kürzlich Besuch von einer rätselhaften jungen Frau hatte.

Der ganze Film ist genau der Fernsehbericht, der von den Fernsehreportern gedreht wird und besteht daher vor allem aus verschiedenen Interviews, durch die fortschreitend enthüllt wird, was eigentlich los ist.

Damit dürfte er eines der frühen deutschen Beispiele dieses Formats sein, das ja seit Orson Wells‘ Radiohörspiel Krieg der Welten fester Bestandteil der Science Fiction ist. In Deutschland war es Rainer Erler, der mit fiktiven Reportagen (Die Delegation (1970), Plutonium (1978)) bzw. entsprechenden Versatzstücken in anderen seiner Filme diese Form ausgiebig nutzte.

Diese Produktion stammt aus dem Jahr 1969 und wurde vom SWF produziert. Das ist deshalb interessant, weil ab den 70ern bis etwa Mitte der 80er aus dem Studio Heidelberg auch immer die Reihe „Science Fiction als Radio-Spiel“ ausgestrahlt wurde. Gesendet wurden deutsche SciFi-Hörspiele, oft Übersetzungen amerikanischer Autoren, aber auch viele Original-Stoffe von Autoren wie Eva Maria Mudrich und Horst Zahlten, die, dem Zeitgeist jener Jahre entsprechend, oft sozialkritisch die Zukunft weiterdachten. Dieser Ansatz ist beim Rätsel von Piskov zwar auch da, allerdings stammt das Drehbuch von einem Tschechen (Zdenek Blaha), dem es offensichtlich vor allem um die spannende Geschichte ging und der die Gelegenheit lediglich nutzte, um Seitenhiebe gegen seine verknöcherten Genossen unterzubringen (die Lenin-Schriften wie die Bibel interpretierten) bzw. in die andere Richtung einem westlichen Sender ein kommunistisches Paradies als Zukunft unterzujubeln.

Der Fernsehfilm soll auf Wells‘ Zeitmaschine basieren, hat aber damit in etwa so viel zu tun wie der Golem mit Robocop. Dass der Film damals so angekündigt wurde, zeigt, wie fremd dem deutschen Mainstream-Publikum Ende der 60er noch Zeitreisen als Sujet waren. Warum bei der Wiederveröffentlichung darauf aber auch immer wieder hingewiesen wurde, ist mir eher unklar.

Insgesamt aber ist Das Rätsel von Piskov eine sehr faszinierende Ausgrabung aus dem Archiv, die seit Ewigkeiten nicht mehr im Fernsehen gelaufen ist und nun dankenswerterweise Genre-Fans wieder zugänglich gemacht wurde.

„Das Rätsel von Piskov“, BRD 1969, Regie: Karl Peter Biltz, D. Hellmut Lange, Hannelore Elsner, Gert Keller, Stephanie Wiesand, Hans Emons, Horst-Werner Loos, Max Walter Sieg, Wolfgang Büttner, Otto Mächtlinger u.v.a. Erschienen bei Pidax.

Von |2018-11-30T18:52:02+01:0014. Januar 2013|Film|