Reality XL

Science-Fiction-Stoffe werden im deutschen Fernsehen und Kino wahrlich selten verfilmt und dementsprechend schwierig dürfte es sein, finanzielle Unterstützung für solche Projekte zu finden.

Tom Bohn, ein seit Jahren etablierter Regisseur („Tatort“, „Polizeiruf 110“), lag dieses Projekt allerdings offensichtlich so am Herzen, dass er es trotzdem, und zwar als absolute Independent-Produktion realisierte – d. h. ohne Verleih, ohne Fördermittel und ohne Finanzierung durch einen Fernsehsender im Rücken. So musste er für die Finanzierung zwei Lebensversicherungen auflösen und auch viele der Mitwirkenden waren bereit ihr Honorar erst dann zu erhalten, wenn der Film seine Produktionskosten wieder eingespielt hat. Bohn schaffte es trotzdem die Schauspielgrößen Heiner Lauterbach und Max Tidof für das Projekt zu gewinnen und überzeugte die großen Multiplex-Ketten Cinemaxx und UCI, seinen Film in einigen ausgewählten Kinos zu zeigen.

Das formale Set-up und die Atmosphäre von Reality XL erinnern wohl kaum zufällig an Karmakars „Der Totmacher“. Auch hier gibt es einen Raum, in dem ein Verhör stattfindet, und einen Protokollanten – das war es eigentlich schon. Ein Wissenschaftler (Lauterbach) wird für eine Befragung in eine verlassene Satelliten-Bodenstation gebracht, wo er von einem Staatsanwalt (Tidof) und einer Polizistin zu dem Verschwinden einiger seiner Wissenschaftskollegen während eines Experiments vernommen wird.

Kammerspiele hängen zum einen von der Stärke der Dialoge und zum anderen von dem Können der Schauspieler ab. Lauterbach und Tidof machen ihre Sache hervorragend, auch Godehard Giese als Protokollant geht in Ordnung, während sich Annika Blendl als Polizistin offenbar mit ihrer Rolle etwas schwertat. Die wirkliche Schwäche des Films sind allerdings die wenig überzeugenden Dialoge und die „überraschenden“ Wendungen, die so überraschend nicht sind, wenn man sich in dem Genre etwas auskennt.

Am Ende bleibt daher der Eindruck, dass mehr drin gewesen wäre, und dass der Film ironischerweise eher beim typischen ARD/ZDF-Publikum Anklang finden könnte als bei beinharten Science-Fiction-Fans.

„Reality XL“, BRD 2011, R. Tom Bohn, D. Heiner Lauterbach, Max Tidof, Annika Blendl, Godehard Giese u.a./ Schröder Media

Von |2018-11-30T19:00:32+01:0011. Juni 2012|Film|