In time

Wenn man sich überlegt, dass Jack Klugman, genau wie die meisten anderen Hauptdarsteller in Quincy, schon weit über 50 war, als die Krimi-Serie in den 70ern entstand, dann wird klar, wie sehr sich das Fernsehen seitdem verändert hat. Heutzutage gilt für US-Serien intern die Regel, dass Menschen über 50 nur noch wenige Sekunden alleine auf dem Bildschirm zu sehen sein dürfen.

In den 70ern war es deshalb auch ein bizarrer Anblick, wenn in dem Film Logan’s Run (dt. Flucht ins 23. Jahrhundert) nur junge, schöne Menschen herumlaufen, weil jeder wegen knapper Ressourcen mit 30 „wiedergeboren“, d. h. hingerichtet wird.

Auch bei „In time“ gibt es nur noch junge und schöne Menschen, aber da das heute ja immer so ist, dürfte das den wenigsten bizarr vorkommen.

In einer nahen Zukunft ist die Menschheit genetisch so programmiert, dass jeder mit 25 Jahren aufhört zu altern, der Preis dafür ist allerdings, dass bei jedem zu diesem Zeitpunkt die Uhr, die auf dem Arm angezeigt wird, anfängt zu ticken und man sich jede zusätzliche Lebenszeit stunden- und minutenweise verdienen muss. Die Zeit hat das Geld als Währung ersetzt, alles wird mit Lebenszeit bezahlt – ein Kaffee = 4 Minuten.

Die soziale Auswirkung ist eine Zweispaltung der Gesellschaft, die Reichen mit Tausenden von Jahren auf der einen Seite und die Armen im Ghetto, die selten mehr als einstellige Stundenbeträge auf ihrem Arm haben. Läuft die Uhr ab, stirbt man sofort.

Wie in Andrew Niccols Erstling „Gattaca“ von 1997 wird auch hier eine schöne, neue, blank polierte Welt präsentiert, unter deren Oberfläche es brodelt. Die Ausgangsidee ist reizvoll und lehnt sich an den klassischen SciFi-Stoff uralte Reiche vs. junge Arme an. Einer der ersten Romane zu diesem Thema dürfte „Fury“ von Henry Kuttner von 1947 gewesen sein und es wird seitdem immer wieder gern aufgenommen, etwa in dem Film Zardoz von 1974 oder auch in den Kovacz-Krimis von Richard Morgan.

Der interessanten Ausgangsidee des Film steht dann allerdings eine etwas zu stereotype Action-Handlung gegenüber. Das übliche Rumgerenne mit Schießereien und Autoverfolgungsjagden. Die Charaktere bleiben blass, ihre Motivation unklar. Durch die Prämisse des Films ergeben sich eine ganze Reihe philosophischer, sozialer und ökonomischer Fragen, mit denen sich die Handlung nicht weiter belastet. Im Gegenteil, man tut gut daran, das Set-up nicht allzu tiefgehend zu hinterfragen, tun sich doch unweigerlich logische Abgründe auf.

Was bleibt, ist eine nette Idee, bei deren Umsetzung man, durch das Thema des Films sensibilisiert, des Öfteren aufs Handgelenk schaut, um zu sehen, wie viel Lebenszeit sie einem bisher schon gekostet hat.

In time, USA, 2011, R. Andrew Niccol, D. Cillian Murphy, Justine Timberlake, Amanda Seyfried, Olivia Wilde u.a. Twentieth Century Fox. Kinostart: 1.12.2011.

Von |2018-11-30T18:38:28+01:0022. November 2011|Film|