Hell

Deutsche Endzeit-SciFi-Filme sind rar gesät. Die wenigen, die es gab, hatten nicht selten einen unübersehbaren pädagogischen Anspruch, der ihnen bundesweite Vorführungen im Religionsunterricht bescherte, so etwa die Anti-AKW-Filme „Die Wolke“ (2009) oder „Im Zeichen des Kreuzes“ (1983). Interessanter ist Rainer Erlers Klassiker „Operation Ganymed“ (1977), wobei auch hier die Warnung vor Atomkrieg und Umweltzerstörung ein offensichtliches Anliegen ist, oder der surreal angehauchte „Die Hamburger Krankheit“ (1979).

Tim Fehlbaum steht mit seinem, von Roland Emmerich produzierten, Debüt „Hell“ im Gegensatz dazu eindeutig in der Tradition anglo-amerikanischer Endzeit-Science-Fiction und Schulvorführungen dürften ausgeschlossen sein. Hehre Botschaften gibt es erfreulicherweise keine.

Aufgrund von Sonneneruptionen scheint die Sonne auf einmal HELLer, was auf der Erde zu einem katastrophalen Temperaturanstieg führt. Im nun zur wüsten Gluthölle transformierten Deutschland kämpfen die Menschen mit allen Mitteln ums Überleben, die gesellschaftliche Ordnung ist zusammengebrochen. Auf einer einsamen Landstraße fahren Philip, Marie und deren pubertierende Schwester Leonie mit den letzten Benzinreserven einer ungewissen Zukunft entgegen, irgendwo in den Bergen soll es noch Wasser geben.

Zu Beginn des Films werden die Figuren und ihre Konflikte sehr glaubhaft in Szene gesetzt. Leonie, die den Typen, der sich an ihre Schwester heranmacht, nicht leiden kann. Philip und Marie, die aufeinander angewiesen sind, und deren innere Anspannung sich darin entlädt, dass sie sich gegenseitig anfauchen. An einer verlassenen Tankstelle treffen sie den halbverhungerten Tom, den sie nach anfänglichem Misstrauen mitnehmen.

Bis etwa zur Hälfte ist der Film spannend, die Charaktere und die Handlung stimmig,und das, was als Nächstes passieren wird, ungewiss. Auch Lars Eidinger und Hannah Herzsprung machen ihre Sache großartig. Dann aber legt der Film einen Richtungswechsel hin. Während er zunächst eine Mischung aus „28 Days Later“ und „The Road“ ist, die beide vom düsteren Setting und der Interaktion der Charaktere leben, ist die zweite Hälfte mehr „Texas Chainsaw Massacre“ (1974), Abschlachthorror mit eindimensionalen, ultrabösen, ultrawahnsinningen Hinterwäldlern, der vor allem schocken will – nur leider wird der Film dadurch so vorhersehbar, dass der Zuschauer den Figuren immer einen Schritt voraus ist und deshalb das Interesse an ihnen verliert.

Statt mit einer 100-mal durchgekauten Idee provozieren zu wollen, hätte es dem Film wohl besser getan, auf der realistischen Ebene zu bleiben, so ist es kein guter Film, sondern nur ein „also dafür, dass er in Deutschland gedreht wurde, ist es ein“ guter Film.

Hell, DE/CH 2011, Regie: Tim Fehlbaum Darsteller: Lars Eidinger, Hannah Herzsprung, Angela Winkler, Stipe Erceg u.a. Produktion : Caligari Film GmbH/ Verleih: Paramount Pictures Deutschland GmbH

Von |2018-11-30T18:43:51+01:008. August 2011|Film|