Dogtooth

Zu Beginn des Films wird ein Kassettenrecorder abgespielt: „Die neuen Wörter für heute sind: Meer. Ein Meer ist ein Ledersessel mit Armlehnen aus Holz, wie der im Esszimmer. Autobahn. Eine Autobahn ist ein starker Wind…“

In einem griechischen Vorort praktiziert ein Paar seine ganz eigene Vorstellung von guter Erziehung. Ihre drei inzwischen erwachsenen Kinder hatten niemals Kontakt zur Außenwelt, im Haus selbst gibt es keine Bücher, das Fernsehen ist nur dazu da, um Videos anzuschauen, die die Familie von sich selbst aufgenommen hat. Und die Eltern erzählen den Kindern Dinge, wie dass ein Zombie eine kleine gelbe Blume ist.

Ohne die Erfahrung der Außenwelt wird das Anwesen zum Mikrokosmos. Über das Haus hinwegfliegende Flugzeuge sind handgroß und fallen ab und zu herunter (die Eltern werfen regelmäßig Spielzeug-Flugzeuge in den Garten). Katzen sind blutrünstige Monster, die draußen lauern.

Die Sehnsucht, das Haus zu verlassen, wird für die drei immer größer, aber der Käfig in ihrem Kopf macht es für sie unmöglich, einfach zur Tür hinauszugehen.

Yorgos Lanthimos‘ Film ist einigermaßen verstörend, aber derart bizarr, dass beim Schauen eher die Faszination im Vordergrund steht. Es drängt sich zwar eine Deutung als Parabel auf – für Bürger in faschistischen System oder auch für die irrationalen Ängste, die jeder mit sich herumträgt und die man durch seine Kindheit mitbekommen hat – allerdings sind die Handlung und die Personen so glaubhaft und realistisch, dass er auch ohne Metadeutung funktioniert.

Der Film ist, egal ob man ihn als Psycho-Thriller, als anthropologische Studie oder als politischen Kommentar anschaut, absolut sehenswert. Er gilt schon jetzt als einer der wichtigsten griechischen Filme der letzten Jahre und wurde u.a. in Cannes ausgezeichnet und für den Oscar als bester ausländischer Film nominiert.

„Dogtooth“ Griechenland 2009, R. Giorgos Lanthimos D.: Christos Stergioglou, Michele Valley, Angeliki Papoulia u.a. Die DVD ist in der Störkanal-Edition bei I-ON New Media erschienen.

Von |2018-11-30T18:47:55+01:0027. Juni 2011|Film|